Schweiz - EU 28.11.2023, 10:44 Uhr

Schweizer Vorbereitungen bei "Erasmus plus" hinken hinterher

Brüssel hat vergangenen Dienstag seine Bereitschaft für technische Gespräche mit der Schweiz zum EU-Forschungsprogramm "Horizon Europe" und dem EU-Mobilitätsprogramm "Erasmus plus" gezeigt. Doch in der Schweiz hinken die Vorbereitungen zu Erasmus hinterher.
(Quelle: EU)
Bildungsexperten hoffen nun, dass die EU-Kommission auf ein Doppelpack bei den Gesprächen mit Bern pocht.Für eine Wiederassoziierung am EU-Forschungsprogramm "Horizon Europe" ist alles vorbereitet: Die gesetzlichen Grundlagen sind vorhanden, und die Finanzierung ist sichergestellt.
Anders die Situation beim EU-Mobilitätsprogramm "Erasmus plus": "Hier sind die Vorbereitungen noch nirgends", kritisierte Co-Präsidentin Nadège Widmer des Verbands der Schweizer Studierendenschaft (VSS).
Experten rechnen damit, dass die Vorbereitungen für eine Assoziierung an Erasmus im Vergleich zum EU-Forschungsprogramm zwischen eineinhalb und zwei Jahren hinterher hinken.

Bund verweist auf Mandat

Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) widerspricht. Die Schweiz sei auch bei "Erasmus plus" bereit, "sofortige Gespräche im Hinblick auf eine Assoziierung aufzunehmen". Seit 2021 gäbe es ein Verhandlungsmandat.
Das unterschiedliche Vorgehen in den beiden Dossiers ergibt sich laut SBFI daraus, dass - anders als bei "Horizon Europe" - bei Erasmus zuerst noch die Assoziierungsmodalitäten mit der EU-Kommission geklärt werden müssen. Sobald die wichtigsten Parameter mit Brüssel geklärt seien, "kann auf nationaler Ebene parallel dazu der Entscheidungsprozess für die Finanzierung lanciert werden".
Bei Movetia, der Schweizer Agentur für Austausch und Mobilität, ist man jedenfalls in den Startlöchern: "Wir sind bereit für eine Akkreditierung als Erasmus-plus-Agentur", sagte Movetia-Direktor Olivier Tschopp zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Er hoffe, "dass sich die Assoziierung an "Erasmus plus" gegenüber jener von "Horizon Europe" nicht zu stark verzögert".

Erasmus auch für Berufsbildung

Dass die Schweiz bei Erasmus noch nicht so weit ist, hat für VSS-Co-Präsidentin Widmer stark mit dem politischen Willen zu tun. Während bei der Mehrheit der Politikerinnen und Politiker der Konsens bestehe, dass eine Assoziierung an das EU-Forschungsprogramm sehr wichtig sei, würde die Bundesversammlung die vielen Vorteile von "Erasmus plus" völlig vernachlässigen, sagte Widmer.
Zudem wird dabei gerne auf das Schweizer Erasmus-Ersatzprogramm verwiesen, das als erfolgreich gilt. Für VSS-Co-Präsident Gazmendi Noli ist das nur die halbe Wahrheit. Denn der Schweizer Erasmus-Ersatz sei für Studierende absolut ungenügend.
Die grössten Verliererinnen und Verlierer seien jedoch Lernende in der Berufsbildung, so Noli weiter. "Denn bei Erasmus wurde das Angebot in den letzten Jahren bei der Berufsbildung am stärksten ausgebaut". Schweizer Lernende können jedoch wegen des Erasmus-Ausschlusses der Schweiz nur sehr eingeschränkt an den Projekten teilnehmen.
Widmer und Noli hofft daher bei Erasmus auf die Unterstützung all jener Schweizer Politikerinnen und Politiker, die sich für eine starke Berufsbildung einsetzen.

Wichtig auch für Universitäten

Für die Schweizer Universitäten und Hochschulen ist "Erasmus plus" ebenfalls sehr wichtig. Seit ein paar Jahren können sie sich mit Universitäten aus der EU zu transnationalen Allianzen zusammenschliessen.
Christian Leumann, Rektor der Universität Bern, sagte vor Kurzem zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA: "Die Universitätsallianzen werden das Bildungssystem in Europa in den nächsten zehn Jahren verändern, und wir möchten dort von Anfang an dabei sein und mitgestalten."
Ziel dieser Allianzen ist es, Studierenden ein Studium an Universitäten in verschiedenen EU-Ländern zu ermöglichen. Auch soll damit die Mobilität von Forschenden und Lehrenden gefördert werden. So will die EU die Qualität ihrer Universitäten erhöhen.
Wegen der fehlenden Assoziierung an Erasmus gibt es jedoch keine finanzielle Unterstützung der EU für Schweizer Universitäten und Hochschulen. Aktuell sieht es nun danach aus, dass die dafür vorgesehenen Mittel des Bundes nicht reichen werden. Es wird gar befürchtet, dass deshalb Gelder für die Studierenden umgeschichtet werden könnten.

Hoffen auf EU-Kommission

Für die EU-Kommission scheint klar zu sein, dass die technischen Gesprächen beide Programme umfassen. Entsprechend hatte sich EU-Kommissions-Vize Valdis Dombrovskis am letzten Dienstag dazu geäussert.
Anzeichen dafür, dass die EU-Kommission auf Gespräche und Verhandlungen im Doppelpack bestehen wird, gibt es bis jetzt aber keine. Doch noch haben Bildungsexperten Hoffnung.



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